Pressemitteilung

Transformationsorientierte F&I-Politik: Transformation und Krisenbewältigung nicht gegeneinander ausspielen

Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft als Herkules-Aufgabe – aktuelle Krisenbewältigung gefährdet langfristig ausgerichtete Transformationsorientierung – kurzfristig angelegte Maßnahmen müssen langfristige Ziele berücksichtigen - sozialen Ausgleich beim transformativen Wandel von Anfang an mitdenken - Suche nach innovativen Lösungen dem Markt überlassen

Berlin, 28. Februar 2024 — Das neue Jahresgutachten der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) wurde heute an Bundeskanzler Olaf Scholz übergeben. Die EFI skizziert in ihrem Gutachten, wie eine transformative F&I-Politik aussehen sollte.

Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft als Herkules-Aufgabe
Die Bundesregierung hat von ihrer Vorgängerin eine Aufgabe übernommen, für die es keine Vorbilder und keinen Masterplan gibt: die Bewältigung der Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft. Diese umfasst u.a. die Energie- und Mobilitätswende, die Schaffung einer nachhaltigen Landwirtschaft sowie die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft. „Das Gelingen der Transformation setzt eine Vielzahl technologischer und sozialer Innovationen voraus, die unseren Umgang mit Technologien ebenso verändern wie die Produktion, den Konsum und unser individuelles Verhalten gegenüber Natur und Gesellschaft“, prognostiziert Professor Uwe Cantner von der Universität Jena und Vorsitzender der Expertenkommission. Entsprechend groß ist die Gestaltungsaufgabe für die Politik. Diese Aufgabe zu übernehmen, wird der jetzigen Bundesregierung nicht leicht gemacht. Schließlich erfordern weitere aktuelle Krisen, sei es der Krieg in der Ukraine, die Desintegration der Weltwirtschaft oder die rezessiven Nachwirkungen der Corona-Pandemie, ein entschlossenes Handeln und hohe finanziellen Einsätze. „Die Folge ist eine verschärfte Konkurrenz von langfristiger Transformationsorientierung und kurzfristiger Krisenbewältigung um staatliche Budgets“, so Cantner.

Transformationsorientierte Politik bislang wenig konsistent
Die Expertenkommission konstatiert, dass die Bundesregierung die Notwendigkeit der Transformation erkannt und auch erste Schritte in die richtige Richtung unternommen hat. „Allerdings ist die transformationsorientierte Politik bislang wenig konsistent. Viele Maßnahmen sind weder zeitlich noch inhaltlich gut aufeinander abgestimmt“, kritisiert Cantner. „Dadurch verlieren wir wertvolle Zeit, was sich für die weitere Entwicklung als nachteilig erweisen könnte. Schließlich hatten wir in Deutschland noch zu Beginn der Legislaturperiode deutlich bessere wirtschaftliche Voraussetzungen, um die Transformationspolitik mit Schwung voranzutreiben. Jetzt müssen wir die Transformationen aus einer konjunkturellen Stagnation heraus und im Kontext massiver außenpolitischer Bedrohungen bewältigen.“ Die Expertenkommission befürchtet daher, dass die langfristige Transformationsorientierung einer eher kurzfristig ausgerichteten Krisenbewältigungspolitik weichen könnte. Damit würde das Gelingen der Transformationen in weite Ferne rücken.

Langfristige Ziele in kurzfristigen Maßnahmen berücksichtigen
Um die Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft nicht zu gefährden, empfiehlt die Expertenkommission der Bundesregierung, langfristige und strukturelle Ziele in kurzfristig angelegten Maßnahmen zu berücksichtigen. „So sollten beispielsweise die Mittel aus dem Sondervermögen Bundeswehr auch für Forschung im Bereich Cybersicherheit und künstliche Intelligenz eingesetzt werden“, rät Cantner. „Schließlich ist die Schnittmenge zwischen militärischer und ziviler Forschung vergleichsweise groß und der Bezug zur digitalen Transformation unmittelbar gegeben.“

Sozialen Ausgleich beim transformativen Wandel von Anfang an mitdenken
Ferner sollten politische Maßnahmen so ausgestaltet werden, dass sie die sozialen Probleme beim transformativen Wandel von Anfang an mitberücksichtigen und für einen sozialen Ausgleich sorgen. Als Beispiel dafür, wie es nicht laufen sollte, verweist Cantner auf das Gebäudeenergiegesetz: „Die ursprüngliche Nichtberücksichtigung sozialer Aspekte hat gezeigt, wie schnell die gesellschaftliche Transformationsbereitschaft nachdrücklich beschädigt werden kann.“

Suche nach innovativen Lösungen dem Markt überlassen
Wichtig ist es nach Ansicht der Expertenkommission auch, bei der Suche nach innovativen Lösungen für bestehende Probleme nicht zu sehr auf den Staat zu setzen, sondern dies vielmehr der Wirtschaft zu überlassen. „Dieser Ansatz impliziert, dass Lösungen für Transformationsprobleme vornehmlich im marktlichen Kontext erarbeitet und gefunden werden sollten“, so Cantner. „Dabei kann der Staat die Entwicklung von einer alten, nicht mehr erwünschten Technologie hin zu einer neuen Technologie durch Anschubinvestitionen und klug gesetzte Anreize anstoßen. Danach sollte er die weitere Lösungsfindung allerdings dem Markt überlassen. Eine solche Politik setzt auf die Kreativität und die Motivation der Akteure und steht damit im Gegensatz zu einer ‚klassischen‘ Gebots- und Verbotspolitik, bei der politisch vorgeschriebene Lösungen umgesetzt werden müssen.“

Wollen Sie mehr über
uns erfahren oder
brauchen Sie Hilfe?

KONTAKT

Geschäftsstelle der Expertenkommission

Forschung und Innovation (EFI)

SV gemeinnützige Gesellschaft für Wissenschaftsstatistik mbH

 

Pariser Platz 6, 10117 Berlin

T: +49 (0)30 322 982 564 

M: kontakt@e-fi.de

 

NACHRICHT