Pressemitteilung

Forschungsstandort Deutschland attraktiver geworden – allerdings wandern immer noch viele Leistungsstarke ab

Intensiver internationaler Wettbewerb um Fachkräfte in Wissenschaft, Forschung und Entwicklung – Deutschland auf positivem Entwicklungspfad – Beschleunigung der Fachkräftezuwanderung über durchdigitalisiertes und transparentes Verwaltungssystem – Neues Tenure-Track-Programm international ausrichten

Berlin, 28. Februar 2024 — Die Expertenkommission Forschung und Innovation hat heute ihr neues Jahresgutachten an Bundeskanzler Olaf Scholz übergeben. Mit der internationalen Mobilität im Wissenschafts- und Innovationssystem greift sie darin ein Thema auf, das sie bereits 2014 bearbeitet hat. Damals stellte sie der Bundesregierung ein schwaches Zeugnis aus und mahnte massive Anstrengungen an, um international mobilen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Beschäftigten in Forschung und Entwicklung wettbewerbsfähige Arbeits- und Forschungsbedingungen zu bieten. Seitdem hat der internationale Wettbewerb um diese Fachkräfte weiter an Bedeutung gewonnen und es wurde einiges dafür getan, ihnen in Deutschland attraktive Bedingungen zu bieten. Nicht ohne Erfolg, wie die neuen Analysen der Expertenkommission zeigen. Jedoch entscheiden sich weiterhin viele kluge Köpfe gegen den Forschungsstandort Deutschland – nicht zuletzt aufgrund ineffizienter und aufwendiger Verwaltungsprozesse bei der Zuwanderung.

Intensiver internationaler Wettbewerb um Fachkräfte in Wissenschaft, Forschung und Entwicklung
„Für einen wettbewerbsfähigen Wissenschafts- und Innovationsstandort“, so Professor Uwe Cantner von der Universität Jena und Vorsitzender der Expertenkommission, „ist leistungsfähiges Personal an Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen unverzichtbar. Wie die Wirtschaft insgesamt wird auch das deutsche Wissenschafts- und Innovationssystem im Zuge der demografischen Alterung von Personalengpässen betroffen sein, weshalb es zunehmend auf Forscherinnen und Forscher aus dem Ausland angewiesen ist.“ Cantner führt weiter aus: „Wissenschaftliche Analysen zeigen, dass länderspezifische Faktoren einen großen Einfluss darauf haben, welche Standorte diese Personen für ihre Tätigkeit wählen. Der Bundesregierung kommt bei der Schaffung wettbewerbsfähiger Arbeits- und Forschungsbedingungen und bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen für internationale Mobilität von Forscherinnen und Forschern eine zentrale Rolle zu.

Deutschland auf positivem Entwicklungspfad
In ihrem Jahresgutachten 2014 bescheinigte die Expertenkommission der deutschen Bundesregierung nur mäßigen Erfolg im weltweiten Wettbewerb um international mobile Forscherinnen und Forscher. Neue Analysen, die die Expertenkommission in ihrem aktuellen Gutachten vorstellt, zeigen, dass sich Deutschland seitdem auf einem positiven Entwicklungspfad befindet. Aktuell verzeichnet die Expertenkommission einen Nettozuzug von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Auch Auswertungen von Patentdaten deuten darauf hin, dass Deutschland als Standort an Attraktivität gewonnen hat. Unter dem Strich wandern jedoch immer noch mehr Erfinderinnen und Erfinder ab als zu. „Es wäre allerdings zu kurz gesprungen, Schlussfolgerungen aus reinen Ab- und Zuwanderungszahlen in einem bestimmten Zeitraum zu ziehen“, betont Professorin Carolin Häussler von der Universität Passau und Mitglied der Expertenkommission. „Unsere Daten zeigen, dass viele Forscherinnen und Forscher nach einem mehrjährigen Auslandsaufenthalt wieder nach Deutschland zurückkehren. Grundsätzlich sind solche zirkulären Wanderungsbewegungen sehr begrüßenswert, da Forscherinnen und Forscher im Ausland wertvolle Erfahrungen sammeln, ihr Netzwerk erweitern und dann häufig noch produktiver in ihr Heimatland zurückkehren. Deutschland sollte daher die internationale Mobilität fördern und möglichst attraktive Bedingungen für Rückkehrerinnen und Rückkehrer schaffen.“

Beschleunigung der Fachkräftezuwanderung über durchdigitalisiertes und transparentes Verwaltungssystem
Angesichts der demografischen Alterung und des sich verschärfenden Fachkräftemangels mahnt die Expertenkommission weitere Reformen zugunsten der internationalen Mobilität im Wissenschafts- und Innovationssystem an. Ein Nadelöhr sieht sie in den langwierigen und komplexen Verwaltungsprozessen, denen sich Forscherinnen und Forscher auf ihrem Weg nach Deutschland gegenübersehen. Um den Zuwanderungsprozess zu beschleunigen, empfiehlt die Expertenkommission den Aufbau eines umfassenden digitalen Systems, das alle Teilprozesse der Fachkräftezuwanderung in einen Gesamtprozess integriert sowie alle beteiligten Akteure miteinander verknüpft. Auch hinsichtlich intransparenter Versorgungsansprüche im Rahmen der Verbeamtung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie bei der Harmonisierung rechtlicher Rahmenbedingungen auf EU-Ebene erkennt sie deutliches Verbesserungspotenzial.

Neues Tenure-Track-Programm international ausrichten
Die von der Expertenkommission vorgestellten Ergebnisse legen nahe, dass Förderprogramme zur Anwerbung internationaler Spitzenkräfte wie die Alexander von Humboldt-Professuren dazu beitragen, die Attraktivität des Wissenschaftsstandortes Deutschland zu verbessern. Dem Erfolg im Spitzensegment steht allerdings gegenüber, dass abwandernde Forscherinnen und Forscher insgesamt publikationsstärker sind als diejenigen, die neu nach Deutschland kommen. Professor Guido Bünstorf von der Universität Kassel und ebenfalls Mitglied der Expertenkommission empfiehlt daher: „Die internationale Mobilität sollte in der ganzen Breite des Wissenschaftssektors gefördert werden, etwa indem das Bund-Länder-Programm zur Schaffung von Tenure-Track-Professuren mit einem klaren Fokus auf internationale Karrieren ausgebaut wird.“ Bünstorf zeigt sich vorsichtig optimistisch: „Deutschland hat großes Potenzial, im Wettbewerb um international mobile Forscherinnen und Forscher eine Spitzenposition einzunehmen. Lebens- und Arbeitsbedingungen sind auch im internationalen Vergleich attraktiv. Die bestehenden Hemmnisse sind allerdings nicht neu. Nur wenn unnötige bürokratische Hindernisse bei der Zuwanderung beseitigt und Beschäftigungsverhältnisse in der Wissenschaft konsequenter anschlussfähig an den internationalen Arbeitsmarkt ausgestaltet werden, kann der Wissenschafts- und Innovationsstandort Deutschland sein volles Potenzial entfalten.“

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